Mediathek Der Podcast zum Zensus 2022

Folge 4

Hallo und herzlich willkommen zurück zum Podcast zum Zensus 2022. In ganz Deutschland sind in den vergangenen Monaten Zehntausende Interviewerinnen und Interviewer ausgeschwärmt. Vielleicht haben sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ja auch einen Fragebogen von uns erhalten und diesen für den Zensus ausgefüllt. In der vierten Folge unseres Podcasts wollen wir zum Abschluss der Befragung der Haushalte nun ein Resümee ziehen, aber auch nach vorne schauen. Das heißt, wir wollen uns mit den Fragen beschäftigen: Was ist denn bisher passiert und woran arbeiten die Kolleginnen und Kollegen aus den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder in den kommenden Monaten?

Antworten auf diese Fragen wird uns wieder Stefan Dittrich geben. Er ist der fachliche Projektleiter des Zensus 2022 im Statistischen Bundesamt.

Hallo und herzlich Willkommen, Herr Dittrich. Sie haben uns ja schon in unserer ersten Podcast-Folge einen Einblick in Ihre Arbeit als fachlicher Projektleiter gegeben und jetzt, nach dem Abschluss der Befragungen, die naheliegende Frage: Wie zufrieden sind sie denn mit dem bisherigen Verlauf des Zensus 2022?

Ja, ich denke, ich kann wirklich sagen, ich bin sehr zufrieden, aber vor allem auch auf das Team, alle Beteiligten können sehr zufrieden sein. Es ist wirklich viel geleistet worden in den letzten Monaten. Wir müssen uns immer so ein bisschen die Größe des Projekts vor Augen führen, was hier alles gestemmt wurde von den Mitarbeitern in meinem Team, aber natürlich auch insbesondere in den Landesämtern und in den Erhebungsstellen und von den Interviewern vor Ort.

Ich will das nochmal an ein paar Zahlen festmachen. Wir haben in den letzten Monaten tatsächlich 30 Millionen Bundesbürger befragt, den Großteil bei der Gebäude- und Wohnungszählung, aber auch mehr als 10 Millionen Personen, die tatsächlich in den Interviews an den Haustüren befragt wurden. Wir haben von über 5000 Stellen der Melderegister Daten eingezogen. Wir haben 600 Erhebungsstellen eingerichtet bzw. wurden diese eingerichtet durch die Kollegen in den Landesämtern. Insgesamt waren bis zu 100.000 Interviewerinnen und Interviewer unterwegs. Allein die Größe dieser Zahlen zeigt, denke ich, was hier in den letzten Monaten von den vielen, vielen Beteiligten – das ist ja weit mehr als meine Person oder mein Team – in diesem Projekt geleistet haben. Und das erfüllt uns durchaus mit Freude, aber auch ein kleines bisschen mit Stolz, dass das alles doch weitgehend gut gelaufen ist.

Und ich denke aber auch, dass das Ganze [der Zensus 2022] berechtigt ist, um das vielleicht auch noch anzuknüpfen, denn wir müssen uns nochmal vor Augen halten, wofür wir das Ganze machen: Das ist ja nicht nur die Größe des Projekts, sondern man macht das ja immer mit einem Ziel. Und beim Zensus ist es die Verwertung der Daten für gesetzliche Zwecke, für die Einwohnerzahlen, für Finanzvorgänge, die letztendlich da dranhängen. Das ist das, was die Bedeutung ausmacht. Das macht auf der einen Seite ein bisschen Druck, auf der anderen Seite gibt es auch den nötigen Push, dass die Dinge aus meiner Sicht hier wirklich so gut gelaufen sind.


Sie haben es ja schon angesprochen, wie groß das Projekt ist. Da gab es doch wahrscheinlich auch ein paar Stellschrauben, an denen es etwas gehakt hat, oder?

Letztendlich bilden wir mit dem Zensus ein Stück weit auch die Komplexität der Gesellschaft ab. Da kann man sich noch so viele Gedanken im Vorfeld machen. Man wird immer wieder an Punkte stoßen, an denen man merkt: Oh, genau diesen Fall hatten wir so nicht berücksichtigt. Dann müssen schnell Lösungen gefunden werden. Da müssen gegebenenfalls auch Schreiben rausgeschickt werden an die Verantwortlichen: Wie gehe ich mit diesem Sonderfall XY um? Wie gehe ich um mit Auskunftspflichtigen, die genau an einer Stelle hängen? Obwohl alles vorher getestet wurde, kann es natürlich immer Verständnisfragen geben. Solche Sachen mussten in den letzten Monaten schnell gelöst werden und immer einheitlich – das ist ja ganz wichtig beim Zensus. Wir können nicht für jeden Einzelfall eine Lösung finden, sondern wir müssen eine generelle Lösung finden, die auch an anderen Stellen angewandt werden kann. Da kann man sich bei so vielen Beteiligten vorstellen, dass das auch eine kommunikative Großtat gewesen ist.


Wovon wir in den vergangenen Monaten immer wieder gesprochen haben, ist die Online First Strategie des Zensus. Wie zufrieden sind Sie denn damit?

Wenn man so auf die Waagschale legt, womit ist man mehr zufrieden, womit weniger, ist auf jeden Fall auf der Seite, auf der wir sehr zufrieden sind, tatsächlich das Thema Online First. Die Idee war ja, die Bürger da abzuholen, wo sie sind: zu Hause auf dem Sofa, morgens auf dem Weg zur Arbeit. Und es möglichst einfach zu machen, damit man seine Fragen beantworten kann. Gerade im Bereich der Gebäude- und Wohnungszählung, wo der primäre Meldeweg online war, hat das wunderbar funktioniert. Und da sind wir tatsächlich, um noch einmal das Wort zu verwenden, ein wenig stolz drauf, dass es offensichtlich gelungen ist, die Erhebungsinstrumente – den Online-Fragebogen, die Zugangsdaten, all das – einfach zu gestalten. Wir haben bei der Gebäude- und Wohnungszählung über 20 Millionen Rückläufe bekommen und 80 Prozent der Auskunftspflichtigen haben tatsächlich den Online-Weg gewählt. Das ist gut für die Auskunftspflichtigen, weil wir davon ausgehen, dass es weniger Arbeit macht, als Papier zur Post zu bringen und so weiter. Und weil es für uns natürlich auch die Qualität erhöht und die Verarbeitung der Daten einfacher und qualitativ besser gestaltet. Von daher würde ich wirklich sagen: Online First, das hat sich bewährt. Das ist etwas, woraus wir auch für die Zukunft lernen können.


Können Sie im Rückblick unseren Zuhörinnen und Zuhörern erklären, wie die Arbeit von ihrem Team, also im Statistischen Bundesamt, aber auch die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Statistischen Landesämtern konkret ausgesehen hat?

Wir haben ja schon deutlich früher angefangen, Jahre vor dem Stichtag, um die Konzepte zu entwickeln, aber auch die Datengrundlage zu schaffen, dass wir überhaupt wissen, wen wir befragen müssen. Es musste ein Anschriftenregister aufgebaut werden, es mussten die Besitzer, die Eigentümer der Wohnungen und Gebäude ermittelt werden, damit wir überhaupt wissen, wen wir anschreiben. Diese Arbeiten liefen lange vorher. Nach dem Stichtag waren in allererster Linie die Kollegen in den Landesämtern für die Gebäude- und Wohnungszählung beschäftigt. Die mussten unter anderem dafür sorgen, dass die Briefe auch tatsächlich verschickt werden. Dass zu jemandem, der seinen Brief vielleicht verloren hat, ein neuer Brief geschickt wird, oder wenn jemand gar nicht antwortet, er gegebenenfalls freundlich erinnert wird oder auch ein Papier-Fragebogen nachgeschickt wird. Das waren Arbeiten, die liefen primär in den Landesämtern. Wir waren dann für Rückfragen, wenn etwas grundsätzlich nicht so gelaufen ist, wie es sollte, zuständig und mussten permanent gucken, dass die technischen Systeme funktionieren. Bei dem zweiten großen Teil, der Personenerhebung, waren es in erster Linie die Erhebungsstellen und die Interviewerinnen und Interviewer, die in diesen Erhebungsstellen koordiniert wurden, also bei den Kommunen, die sehr stark im Fokus standen, die, ab dem Stichtag von Haustür zu Haustür gegangen sind, sich angekündigt haben, die Interviews durchgeführt haben und, wenn man jemanden mal nicht erreicht hat, einen neuen Termin vereinbart haben – also viel, viel Logistik, viel Abstimmungsaufwand, um die Ergebnisse dann für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger einzusammeln und in die Systeme zu überführen. Das waren die Hauptgruppen, die hier beim Zensus mit den entsprechenden Arbeiten tätig waren.

Und wenn wir jetzt nach vorne schauen, also hin zur Ergebnisveröffentlichung – das soll ja im November 2023 der Fall sein – wie sehen denn die Arbeiten bis dahin aus?

Das wird vielleicht ein bisschen verwundern. Wir haben seit dem Stichtag gut ein halbes Jahr benötigt, um die Daten einzusammeln, und jetzt brauchen wir tatsächlich noch ein Jahr, um die Daten aufzubereiten. Das ist ein bisschen unserem Modell geschuldet. Das ist anders als bei einer klassischen Volkszählung. Da haben sie wahnsinnig viele Menschen, die sie befragen, weil man jeden befragt. Wir hingegen haben nur eine Stichprobe befragt sowie alle Wohnungs- und Gebäudeeigentümer. Das heißt aber, dass wir jetzt verschiedene unterschiedliche Datenbestände haben. Diese gilt es jetzt erstmal jeden für sich zu plausibilisieren, abzuprüfen, vielleicht auch Lücken in den Datenbeständen – wir nennen das Imputation – durch ähnliche Werte zu vervollständigen. Das sind etablierte statistische Verfahren, die wir da anwenden. Das dauert jetzt eine geraume Zeit. Dann gilt es, diese unterschiedlichen Datenbestände miteinander in Verbindung zu setzen, zu integrieren, um ein Datenmaterial daraus zu erstellen. Und es gibt Teile, bei denen wir jetzt überhaupt erst in die Aufbereitung gehen. Wir führen beispielsweise eine sogenannte Haushaltegenerierung durch. Wir haben beim Zensus in der Erhebungsphase bewusst nicht versucht, den Haushalt abzubilden und zu befragen, weil das sehr aufwendig ist, und wir das letztendlich auch nur da hätten machen können, wo wir die Stichprobe durchgeführt haben. Wir wollen aber den Haushaltszusammenhang bei allen Haushalten in Deutschland haben. Dafür nutzen wir die Melderegister, die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung und der Stichprobe und kombinieren diese Merkmale. Wir nutzen die Haushaltsinformationen, die wir haben. Wir wissen ja, wer zusammenwohnt, wer die gleiche Wohnung angegeben hat. Das wird schwieriger, je größer das Gebäude wird. Da gibt es dann so schöne Sache wie das Einzugsdatum aus den Melderegistern. So kann man die Haushalte sehr gut statistisch zusammenbilden. Das hat uns ermöglicht, die Befragungen einfacher zu gestalten und immer noch gute, genaue Ergebnisse zu produzieren. Aber das sind Dinge, die laufen nicht von heute auf morgen, das passiert jetzt in den nächsten Monaten. Dann muss natürlich die Auswertung vorbereitet werden: Wir müssen die ganzen Daten in die Auswertungsdatenbank überführen, tabellieren, Veröffentlichungsprodukte kreieren. All diese Dinge werden in den nächsten Monaten passieren, sodass wir dann guter Dinge sind, dass wir tatsächlich pünktlich im November nächsten Jahres wie geplant die Zensus-Daten veröffentlichen können.

Weil Sie gerade das Thema Haushaltegenerierung angesprochen haben: Das war auch bei unseren Followerinnen und Followern auf Twitter ein großes Thema. Das ist also so, dass man Datensätze aus verschiedenen Registern und den Befragungen kombiniert und dass man dann am Ende Haushaltshaltszusammenhänge für ganz Deutschland errechnet. Habe ich das richtig verstanden?

Genauso kann man es sich grob vorstellen. Das ist ein etabliertes Verfahren, das haben wir uns auch nicht ausgedacht. Die Kollegen in Österreich haben das schon beim vorletzten Zensus angewandt. Wir haben es beim Zensus 2011 genutzt und verwenden es jetzt wieder. Das ist ein Verfahren, das die Kollegen in Bayern vom Bayerischen Landesamt für Statistik insbesondere technisch und inhaltlich begleiten. Hier wird ganz wesentlich auf die Informationen aus den Melderegistern abgestellt. Dort gibt es, technisch gesprochen nennt man das Verzeigerungen. Man erkennt aus dem Melderegister zum Beispiel Vater-Mutter-Kind-Beziehungen. Das ist relativ leicht, das ist dann ein Haushalt. Man weiß auch, die wohnen an einer Anschrift, das ist für uns ein Haushalt. In diesem Fall interessiert dann gar nicht der Name oder Ähnliches, sondern einfach nur: Wir haben hier drei Personen – Mann, Frau, Kind – die bilden einen Haushalt.

Schwieriger wird es natürlich bei nicht Verheirateten oder bei größeren Wohneinheiten. Wir haben ja nur die Anschriften, wir wissen letztendlich nicht, in welcher Wohnung die Personen jeweils wohnen. Aber auch da gibt es Verfahren, bei denen wir mit Ergänzungen aus der Gebäude- und Wohnungszählung arbeiten. Da haben wir ja unter anderem zwei Bewohnernamen pro Wohnung abgefragt. Durch die Kombination dieser verschiedenen Merkmale sind wir sehr gut in der Lage, Haushalte abzubilden, um sagen können: In diesem Gebäude wohnen 20 Haushalte, davon drei Großfamilien, vier Singles und so weiter. Die einzelne Person interessiert uns dabei nicht. Wir wollen möglichst gut sagen können: Wie leben die Haushalte, in was für Wohnungen leben sie, wie ist die durchschnittliche Wohnungsgröße beim Single-Haushalt, wie ist sie bei einer vierköpfigen Familie oder bei einer Großfamilie. All diese Fragen können wir beantworten, wenn wir diese Haushaltegenerierung durchgeführt haben.

Gerade im Zusammenhang mit den Bewohnernamen, die beispielsweise bei der GWZ abgefragt worden sind, oder generell die Angaben, die die Menschen gemacht haben – das sind ja sehr private Daten, die auch sehr private Lebensbereiche betreffen. Was tun Sie denn, um diese Daten bestmöglich zu schützen?

Dafür tun wir seit sehr langer Zeit etwas, weil wir im Vorfeld schon danach unsere Konzepte ausgerichtet haben. Uns ist bewusst, wie sensibel die Daten sind, gerade weil wir beim Zensus eben auch so viele Menschen befragen. Es ist immer noch ein Unterschied, ob sie Daten zu einigen wenigen tausend, zehntausend Menschen erheben oder beim Zensus zu nahezu allen Bürgern in Deutschland, durch die Verwendung der Melderegisterdaten. Dementsprechend war das ein ganz großes Augenmerk, die Datensicherheit sicherzustellen, dass wir schon die Erhebungswege, die Aufbewahrung, die Aufbereitung der Daten an sicheren, sehr stark geschützten Umgebungen durchgeführt haben, worauf auch nur wenige Menschen die Zugriffe haben, die Sie zwingend brauchen. Auch ich komme zum Beispiel persönlich nicht an die Daten. Ich brauche das nicht für meine Tätigkeit, dementsprechend habe ich auf diese Datenbank gar keinen Zugriff. So gibt es sehr viele Konzepte, sehr viel Papier, das produziert wurde, um die Datensicherheit rein technisch sicherzustellen. Auswertungsseitig es so, dass wir die Daten auch nur so lange aufbewahren, wie wir sie wirklich benötigen. Letztendlich brauchen wir ja die statistischen Daten. Am Beispiel von vorhin für einen vierköpfigen Haushalt bedeutet das: Wir wollen das Alter wissen, aber auch nur nach Jahrgängen klassifiziert, den Familienstand und Ähnliches. Der Name interessiert uns an dieser Stelle nicht mehr und dementsprechend löschen wir die, wir nennen das „Hilfsmerkmale“, die löschen wir so schnell wie möglich. Sobald wir jetzt durch sind und sagen ok, das ist alles plausibel, das passt, werden diese Merkmale schon abgetrennt und wieder gelöscht, damit auch dann in zwei, drei, vier Monaten gar keine Gefahr mehr besteht.

Ok, Herr Dittrich, vielen Dank, dass sie uns wieder Rede und Antwort gestanden und uns ein kleines Update zum Zensus 2022 gegeben haben. Das wird ja eine spannende Arbeit, die in den kommenden Monaten noch vor ihnen liegt, und ich denke, dazu werden wir auch in Zukunft noch einmal voneinander hören.

Sehr gern. Im Moment gilt der Dank wirklich den vielen Interviewern und Interviewerinnen in den Erhebungsstellen, den Kollegen in den Kommunen, aber auch in den Landesämtern und meinem Team hier [im Statistischen Bundesamt] für die Arbeit, die geleistet wurde. Ich glaube, die ganz große Stressphase mit den vielen, vielen Interviews und Befragungsbogen liegt jetzt hinter uns. Und ja so ein bisschen freuen wir uns jetzt auch Richtung Auswertung. Wir sind natürlich auch daran interessiert, was rauskommt bei den Ergebnissen, und deshalb sind wir jetzt ganz gespannt, was in den nächsten Monaten kommt.

Dann viel Erfolg für die kommenden Monate und ihnen liebe Zuhörinnen und Zuhörer, vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.

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